M i t d e r K a m e r a v o n K ö l n n a c h P a l ä s t i n a A l i j a und Hachs chara , S E I T E 1 0 8 D i e Ausb i ldungsstätten der „Hachschara“ Bis 1933 gab es im Reichsgebiet nur wenige Einrichtungen der Hachschara, die den Erfordernissen einer gemeinschaftlichen Ausbildung genügten. Ulrike Pilarczyk nennt Belzig in der Mark, Klein Silsterwitz bei Breslau, Rodges bei Fulda, Bärenklau bei Velten, das Gut Jägerlust bei Flensburg, Lötze bei Rathenow, Rüdnitz bei Bernau und das Gut Winkel bei Spreenhagen in Brandenburg. Deren Kapazitäten dürften bis dahin wohl auch ausgereicht haben, denn die Mitgliederzahl des Hechaluz lag zu jener Zeit deutschlandweit bei etwa 500, die in den verfügbaren Häusern Platz fanden. Das änderte sich mit der NS-Machtübernahme dann jedoch schlagartig. Die Zahl der Hechaluz-Mitglieder verdreifachte sich114, und 114 So berichtete die „Jüdische Rundschau“ darüber, der Begriff stets auch auf die dezidiert zionistische Ausprägung der Auswanderungsprogramme und umschrieb daher auch eine Rückbesinnung auf Religion und Tradition, den Weg hin zur Wiederentdeckung der jüdischen Identität. Daher trat neben die praktische Ausbildung als wichtiges Element von Beginn an auch eine geistige und weltanschauliche, auf das Kibbuz-Leben in Palästina vorbereitende Schulung. Sie war weniger im Sinne einer ideologischen Indoktrination zu verstehen, sondern diente vorrangig der konkreten Vorbereitung auf die „Alija“. So sollte den zumeist aus bürgerlichem Milieu stammenden Jugendlichen ermöglicht werden, die auf sie zukommende neue Form des Gemeinschaftslebens im Kibbuz kennenzulernen und sich in ersten Schritten darin einzufinden.111 Daher wurde gerade dieses Element am Ende einer jeden Hachschara auch als wichtiges Kriterium herangezogen, um die Eignung jedes einzelnen Teilnehmers zur Auswanderung nach Palästina zu beurteilen. Diese war aber auch weiterhin eng mit dem Erlernen praktischer handwerklicher und landwirtschaftlicher Fertigkeiten verknüpft.112 Da die Einwanderung ins britische Mandatsgebiet mittlerweile streng geregelt und für die meisten der Betroffenen vom Erwerb eines „Arbeiter-Zertifikats“ abhängig war, wurde die Ausbildung in einem dort als notwendig erachteten, auf den gezielten und sinnvollen Einsatz in „Erez Israel“ optimierten Beruf zur Grundvoraussetzung für dessen Bewilligung. Erst der erfolgreiche Abschluss der Hachschara eröffnete also das Tor zur Einwanderung.113 111 Vgl. Döpp, Jugendbewegung, S. 155ff. 112 Verena Buser beschreibt in ihrem Beitrag „Hachscharah unter NS-Herrschaft. Jugendfürsorge und Auswanderungsvorbereitung“; in: Sabine Hering/Harald Lordick/Gerd Stecklina (Hgg.): Jüdische Jugendbewegung und soziale Praxis, Frankfurt/M. 2017, S. 293307, die Gründungen, Orte und Bedeutung der Hachschara. 113 Vgl. Pilarczyk, Hachschara, S. 12. Zu den Einwanderungsbedingungen vgl. oben bereits das Kapitel über „Palästina als Einwanderungsland“. Gruppenfoto von einem Seminar der Hechaluz-Ortsgruppen des Rheinlandes in Urbach 10.-24.07.1935
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