Mit der Kamera von Köln nach Palästina

M i t d e r K a m e r a v o n K ö l n n a c h P a l ä s t i n a A l i j a und Hachs chara , S E I T E 1 1 0 („Pionieren“) einen weitgehenden Verzicht auf Privatsphäre und Anspruchsdenken sowie eine in vielfacher Hinsicht genügsame Lebenseinstellung. Allein schon die zeitliche Strukturierung des Tages auf den Ausbildungsgütern ließ kaum Raum für Privates, zumal in den Schlafräumen teilweise bis zu 40 Personen untergebracht waren.117 - Je jünger die Teilnehmer, desto schwerer dürfte ihnen der Umgang mit solchen für sie in aller Regel völlig neuen, vielfach ihrer bisherigen Erziehung widersprechenden Anforderungen gefallen sein. Für solch eher negativen oder gar abschreckenden Vorstellungen ließ der mediale Eindruck, den insbesondere Herbert Sonnenfeld und Abraham Pisarek in Deutschland von diesen Ausbildungslagern erweckten, allerdings eher wenig Raum. Sie fotografierten beide unter anderem für die „Jüdische Rundschau“ verschiedene Stätten der Hachschara und trugen dadurch maßgeblich zur Formung des idealisierten Bildes vom „Pionier“ (Chaluz) bei, der geradezu dazu ausersehen sei, Palästina als „Heimstatt“ des jüdischen Volkes zu erschließen.118 Entsprechend 117 Vgl. Pilarczyk, Gemeinschaft, S. 122. Chanoch Reinhard brachte das Ziel so auf folgenden Punkt: „Dies ist der Ausgangspunkt der chaluzischen Bewegung: die Bestimmung des Weges des Einwandernden nach den Bedürfnissen des Landes.“ (Drei Jahre Jugendalija; in: Eröffnung Ludwig-Tietz-Schule, S. 15.) 118 Die Hachschara-Fotografien von Herbert Sonnenfeld sind im Archiv des jüdischen Museums Berlin zugängließen erstmals ohne Begleitung ihr Elternhaus, wobei dieser Schritt den zuvor bereits bündisch Organisierten zumeist leichter fiel, da sie - wie zumindest in Ansätzen auch Leopold Schönenberg - in Form verschiedener Fahrten und Lageraufenthalte bereits erste Gelegenheiten gehabt hatten, das Leben in einer gleichaltrigen Gemeinschaft mit seinen spezifischen Regeln kennenzulernen und sich in Gruppenzusammenhänge einzuordnen. Gerade die landwirtschaftlichen Hachschara-Güter waren stets Orte für eine begrenzte Aufenthaltsdauer, „Lager, wo für ein paar Wochen oder Monate die Zeit im Kreis lief, eingefangen in der Kontinuität täglicher Rituale – ein raum-zeitliches Konstrukt, in dem Deutschland beinahe nicht mehr und Palästina noch nicht erreichbar waren“. Jene, die sich mit diesem von harter Disziplin geprägten Ausbildungssystem arrangieren konnten, erinnerten sich dieser Aufenthalte zeitlebens als wichtiger und für ihr weiteres Leben bedeutsamer „Zeit der Jugend und Gemeinschaft“.116 Dafür galt es jedoch viel aufzugeben, denn der Alltag in der Hachschara war entbehrungsreich, um so auf die späteren schwierigen Lebensverhältnisse in den meisten Kibbuzim in Palästina vorzubereiten. Aber auch aus ideologischen Gründen erforderte die Erziehung zu Chaluziut 116 Pilarczyk, Gemeinschaft, S. 151f. Seminar der Hechaluz-Ortsgruppen des Rheinlandes in Urbach 10.-21. Juli 1935 Gruppe des Kölner Hechaluz zum Karneval im Königsforst, 3. März 1935 Seminar der Hechaluz-Ortsgruppen des Rheinlandes in U Juli 1935

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