Mit der Kamera von Köln nach Palästina

M i t d e r K a m e r a v o n K ö l n n a c h P a l ä s t i n a A l i j a und Hachs chara , S E I T E 1 1 4 einzigen Möglichkeit wurde, ihren Kindern den Weg aus NS-Deutschland heraus zu eröffnen. Das konnte nicht ohne Auswirkungen auf die Inhalte und Gestaltung der Gemeinschaftserziehung in den Hachschara-Stätten bleiben, denn in ihnen gesellte sich zu den aus chronischer Überfüllung und hoher Fluktuation resultierenden Schwierigkeiten noch das Problem, dass zuvor nicht oder nur rudimentär bündisch sozialisierte Jugendliche zu möglichst homogenen Gruppen zusammengeführt werden mussten. Daher war es nicht nur schwer, überhaupt einen Platz in der MiHa zu erhalten, sondern die Heranwachsenden hatten in vielfacher Hinsicht hohe Standards zu erfüllen. So war etwa ausdrücklich bestimmt worden, „körperlich, geistig oder psychisch nicht gesunden Jugendlichen“ den Zugang zu verwehren. Hierzu waren ärztliche Atteste vorzulegen und sämtliche Kandidatinnen und Kandidaten abschließend noch durch den obersten Vertrauensarzt des Palästinaamtes zu überprüfen. Erst wenn dies geschehen war und die Betroffenen Aufnahme gefunden hatten, wurde ihnen gestattet, als erste Stufe eine vierwöchige Vorbereitung in einer der Hachschara-Stätte zu durchlaufen. Nach erfolgreicher Überwindung dieser zahlreichen Hürden wurde den Jugendlichen der Zugang zur regulären Hachschara-Ausbildung bzw. zur Verpflegung und Unterbringung 30 Reichsmark. In handwerklichen Lehrwerkstätten kamen zu diesem Betrag der gleiche Betrag nochmals als „Lehrgeld“ hinzu. Eltern, die diese Mittel nicht aufbringen konnten, sollten von ihren Gemeinden unterstützt werden.128 Natürlich wurde, so stellt Ulrike Pilarczyk nachdrücklich fest, die zuvor klar zionistisch ausgerichtete Hachschara-Bewegung durch die Einrichtung von Mittleren-Hachschara und der Bedeutungszunahme der Jugend-Alija und die damit einhergehende Integration einer deutlich jüngeren Klientel, „stark verändert“. Viele der nun neu Hinzukommenden hatten zuvor keiner oder lediglich für kurze Zeit und dann bereits unter den spezifischen Bedingungen des NS-Regimes einer jüdischen Jugendorganisation angehört. Kaum jemand von ihnen hatte sich daher - wie viele der älteren - aus eigener Initiative und zionistischer Überzeugung zur bewussten Emigration nach „Erez Israel“ entschlossen. Ihr Weg in die Hachschara folgte vielfach einer gänzlich anderen Logik und war in den meisten Fällen durch die zunehmend verzweifelten, insbesondere auch durch zunehmende wirtschaftliche Nöte bestimmten Lage ihrer Familien motiviert, für die die Hachschara immer häufiger zur 128 Vgl. Pilarczyk, Gemeinschaft, S. 113 „Vorlehre“ in der Lützowstraße 39 in Köln: Blick in die Schlosserei Schreiner der Kölner „Vorlehre“ auf dem Bau, 1935 Jugendliche der „Vorlehre“ im Hof der Lützowstraße

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