M i t d e r K a m e r a v o n K ö l n n a c h P a l ä s t i n a A l i j a und Hachs chara , S E I T E 1 2 3 nochmehrfach einzugehen sein. Es gilt aber festzuhalten, dass bereits der Lageralltag in Rüdnitz ein Umfeld dargestellt haben dürfte, das dem ein solches Leben ganz und gar nicht gewohnten Leopold Schönenberg völlig fremd war: Im Elternhaus in einer großen und komfortablen Wohnung mit eigenem Zimmer herangewachsen, von religiösen Dingen durch das Vorbild der Eltern weitgehend unberührt, trat er hier in eine völlig anderes strukturierte und orientierte Welt ein, auf die ihn auch seine ohnehin kurze Zugehörigkeit zur jüdischen Jugendbewegung nicht einmal ansatzweise vorbereitet haben dürfte. Woran es letztlich auch immer gelegen haben mag, endete der Rüdnitz-Aufenthalt für Leopold den, dürfte - zumindest in der frühen Phase der Rüdnitzer Jugend-Alija - dagegen nicht übermäßig hoch zu veranschlagen gewesen sein. Neben der Vermittlung landwirtschaftlicher, sprachlicher und landeskundlicher Grundlagen ging es in erster Linie auch immer darum, die Mitglieder einer Gruppe, der „Chewrah“, untereinander und mit ihren, sie im weiteren Verlauf der Jugend-Alija begleitenden Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter („Madrichah“ und „Madrich“) bekannt zu machen.154Das Ende der Lagerzeit wurde von den Jugendlichen mit Spannung erwartet: Siegfried Marx berichtete: „Nach einem Monat beschloss eine Kommission, welche Jugendlichen nach Palästina fahren dürfen; ausschlaggebend war meist die gesundheitliche Verfassung. Monat für Monat wurde so eine Gruppe mit etwa 40 Kindern weggeschickt und eine neue Gruppe zusammengestellt. In Palästina wurden die Kinder dann in Kibuzim oder Moschawim (Dörfer) verteilt, die Organisation der Jugend-Alija kümmerte sich um sie.“155 Die Auswahlkommissionen waren zumeist wohl recht prominent besetzt, denn es handelte sich um Vertreter der „Jüdischen Jugendhilfe“, die eigens aus Berlin anreisten, um vor Ort die Eignung der Jugendlichen für die Jugend-Alija zu überprüfen, um sie dann anschließend, wie es damals hieß, zu „bestätigen“.156 Eine unbedingte Voraussetzung für einen erfolgreichen Abschluss des Vorbereitungslagers und für die das Tor nach Palästina endgültig öffnende Bestätigung durch die Auswahlkommission war eine erkennbare Akzeptanz eines künftig eher kargen Alltags und der seitens der Jüdischen Jugendhilfe eingeforderten Vorgaben eines zionistisch orientierten und zugleich auf die „Gemeinschaft“ ausgelegten Lebens. Auf die Lebensbedingungen, die die Heranwachsenden in Palästina erwarteten, wird an anderen Stellen 154 Vgl. Loewy, Jugend, S. 15f. 155 Vgl. hierzu und zum Folgenden https://www.juedisches-bingen.de/197.0.html (27.5.202). 156 Vgl. Loewy, Jugend, S. 15ff.
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