Mit der Kamera von Köln nach Palästina

M i t d e r K a m e r a v o n K ö l n n a c h P a l ä s t i n a B i l d t e i l I I I , S E I T E 1 2 6 B i ldte i l I I I Leopold nahm seinen Fotoapparat zwar nachweislich mit nach Rüdnitz, fotografierte in den dort verbrachten vier Wochen aber überraschend wenig. Vielleicht sah man dort solches wohl eher als „bürgerlich“ eingestuftes Gebaren auch nicht sehr gern und sah es lieber zionistisch „blickenden“ (Berufs-) Fotografen überlassen. Der durchnummerierte Fotoindex weist für den Lageraufenthalt in Brandenburg jedenfalls lediglich acht Aufnahmen aus, von denen wiederum nur sechs im engeren Sinne das Leben der Lagerinsassen zum Inhalt haben. Die meisten Hachschara-Fotografien, die die NS-Zeit und die Jahrzehnte danach in privaten Alben überdauert haben, drehen sich gemäß der intensiven Sammel- und Auswertungstätigkeit von Ulrike Pilarczyk durchaus naheliegender Weise um das Thema Arbeit.165 Dabei, so das Resultat ihrer Bildanalysen, hätten die fotografierenden Jugendlichen insbesondere zwei Einstellungen ausgewählt: „überblickende Aufnahmen, die die Arbeitenden in der Distanz in stereotype Arrangements einordnen (auf dem Heuwagen, mit oder auf dem Pferdegespann etc.), und Porträtstudien von Einzelnen und von kleinen Arbeitsgruppen“. Beide Einstellungen, so ein weiteres Ergebnis der auf umfangreichem Bildmaterial basierenden Auswertung, würden eine „Profilierung von Individualität“ vermeiden. Stattdessen hätten sich Fotografin bzw. Fotograf und die jeweils Fotografierten offensichtlich bemüht, „nicht sich als Person, sondern sich arbeitend bzw. die Arbeit selbst darstellen zu wollen“. Wenn auf diese Weise vielfach auch der Versuch unternommen worden wäre, „in der Wahl des Sujets den Entwürfen zionistischer Propaganda-Fotografie“ zu folgen, könne man das nur beim „Was“, nicht aber beim NS-DOK, Tk933, ab 54:25. 165 Pilarczyk, Gemeinschaft, S. 155-160 bietet eine ausführliche „bildanalytische Untersuchung der Hachschara-Fotografien aus den privaten Fotoalben“, auf denen die folgende Kurzeinführung hauptsächlich beruht. „Wie“ der Darstellungen erkennen. Für eine „Heroisierung von Arbeit oder Personen“ fehle es den privaten Aufnahmen schlicht an Bilddynamik und „performativer Körperspannung der Abgebildeten“. Andererseits folgte die private Hachschara-Fotografie bei ihrem Versuch, „Alltag“ abzubilden, aber auch der unausgesprochenen Regel, „dass wirklich unangenehme (hässliche) Dinge nicht fotografiert werden“ sollten. Ulrike Pilarczyk zieht folgendes Fazit: „Von der zionistischen palästinensischen Fotografie sind die Aufnahmen der Jugendlichen ebenso wenig inspiriert wie von den Darstellungen noch in Deutschland tätiger Fotografen wie Herbert Sonnenfeld oder Abraham Pisarek. Doch auch, wenn sie im Stil ganz anders sind, sind vor allem die privaten Arbeitsfotografien als Zeugnisse erfolgreicher Erziehung und Selbsterziehung aufzufassen. Denn sie veranschaulichen eindrücklich den außerordentlichen Stellenwert, den die Jugendlichen in völliger Übereinstimmung mit den Zielen chaluzischer Erziehung der körperlichen Arbeit, insbesondere der landwirtschaftlichen, beimaßen. Weder bringen die Fotograf/inn/en die Gruppen in (Gemeinschafts-) Formen, noch inszenieren sich die Abgebildeten selbst im Stil jugendbewegter Gemeinschaft. Auf die in synchrone Haltungen transformierte Gemeinschaftsidee, wie sie über die propagandistische und pädagogisch ambitionierte Fotografie transportiert wurde, reagieren sie mit Multiperspektivität.“ Welche und ob er überhaupt Ziele mit und in seinen wenigen Fotografien aus der Zeit des Rüdnitz-Aufenthalts verfolgte, ist von Leopold Schönenberg nicht bekannt. Wenn aufgrund fehlender Masse auch kaum ein Urteil möglich ist, dürfte einer Darstellung „heroischer Arbeit“ aber kaum sein Hauptinteresse gegolten haben. Das gilt auch für die beiden Fotos aus der „Müllgrube“, wobei letztlich unklar bleibt, ob es sich tatsächlich um eine solche gehandelt hat, oder ob hier, was aufgrund der Abstützungen am

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