Mit der Kamera von Köln nach Palästina

M i t d e r K a m e r a v o n K ö l n n a c h P a l ä s t i n a D i e L udw i g T i e t z - L e hrwe rks tat t, S E I T E 1 4 5 ros für die Ansiedlung deutscher Juden in Palästina und zudem eins der Kuratoriumsmitglieder der Lehrwerkstatt, in Jagur begrüßt. „Wenn Ihr auch schon einen halben Tag in Palästina seid, werde ich doch lieber Deutsch zu Euch sprechen“, begann er durchaus launig. Danach verdeutlichte er den Neuankömmlingen allerdings, dass man künftig hohe Erwartungen an sie richten würde. Ihnen würde in den Ludwig Tietz-Lehrwerkstätten zwar „eine große Chance“ geboten, „aber Ihr habt zugleich eine Verpflichtung und eine Verantwortung gegenüber dem neuen Werk“. „Zum ersten Mal in Palästina soll hier eine fachmännische handwerkliche Ausbildung erfolgen. Von dem Gelingen des Versuches Eurer Gruppe wird es abhängen, ob hier der Grundstock für eine fachlich gut ausgebildete palästinensische Arbeitergeneration gelegt wird.“ Das bedeutete ein erhebliche Last auf den jugendlichen Schultern, de, so wurde betont, zum „wertvollen Baustein zum Aufbau einer geordneten handwerklichen Lehrausbildung“ werden.181 Entsprechend hoch waren die Ansprüche: „Jugend aus Deutschland, die ihren Weg nach Palästina gehen will, soll in erster Linie in dieser Schule Aufnahme finden. Die Schule setzt sich zum Ziel, eine erstklassige, dreijährige Lehrausbildung zu geben, vorerst in Schlosserei und Tischlerei. Sie liegt auf dem Lande und nicht in der Stadt, um die Jugend mit dem Leben auf dem Lande zu verbinden. Sie ist angelehnt an den großen genossenschaftlichen landwirtschaftlichen Betrieb der Kwuzah Jagur182, um die Jugend mit dem Leben des arbeitenden Palästinas zu verbinden und ihr die psychologische, kulturelle und sprachliche Einordnung zu erleichtern.183 „So soll im allmählichen Aufbau der Schule (vorerst werden 80 Jugendliche aufgenommen) ein Versuch gemacht werden, die fachliche Ausbildung des handwerklichen Nachwuchses um ein entscheidendes Stück zu fördern.“ Nachdem die Jugendlichen am 8. Februar 1937 an Land gegangen waren, wurden sie noch am gleichen Tag von Georg Landauer, dem langjährigen Leiter des Palästinaamtes in Berlin, seit Ende 1933 Leiter des Jerusalemer Büros des ZentralbüEinwohnern (2018) auch heute noch einer der größten Kibbuzim in Israel mit Landwirtschaft und Industrie als wichtigsten Tätigkeitsfeldern. (Vgl. https:// de.wikipedia.org/wiki/Jagur (3.6.2022).) 181 Die Einrichtung sollte ursprünglich bereits im November 1936 fertiggestellt und eröffnet werden. (Vgl. Palästina-Amt Berlin und Jewish Agency for Palastine (Hgg.): Chinuch. Führer durch das hebräische Schul- und Erziehungswesen in Palästina, Berlin 1937, S. 35.) 182 Der hier und im Folgenden häufiger genutzte Begriff „Kwuza(h)“ (Gruppe) wurde im Laufe der 1920er-Jahre mehr und mehr von der Bezeichnung (des zumeist größeren) „Kibbuz“ (Versammlung) abgelöst, bis heute häufig aber auch synonym verwandt. 183 Als die neue Einrichtung im Juni 1937 in der C.V.-Zeitung vorgestellt wurde, klangen zumindest zwischen den Zeilen auch imperialistisch anmutende Töne an. Auf dem Weg nach Jagur, so hieß es dort, liege hinter einem Steinbruch „als hässliches Zeugnis der Elendsexistenz arabischer Fellachen eine Stadt aus alten Petroleumkanistern und sonstigen Abfällen notdürftig gezimmerter arabischer Hütten“, wobei das umgebende Land völlig unbearbeitet sei. „Wenige hundert Meter links und rechts der Straße ein völlig anderes Bild. Sorgfältig umzäunt ein neu angelegter Garten für jungen Wein - das Gebiet des Meschek Jagur, wo „unmittelbar an der Landstraße quadratisch um einen Hof gruppiert, die Ludwig Tietz-Lehrwerkstatt“ grüße. (CV-Zeitung, 3.6.1937, S. 13.)

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