M i t d e r K a m e r a v o n K ö l n n a c h P a l ä s t i n a D i e L udw i g T i e t z - L e hrwe rks tat t, S E I T E 1 7 0 „Reuben Schönenberg“ ausgestellt wurde. Als ihm dann Jahrzehnte später am 31. März 2003 erneute die deutsche Staatsbürgerschaft verliehen wurde, geschah das unter Zusammenführung verschiedener Namensteile als „Leopold Herbert Reuwen Schoenenberg“.244 Letztlich setzte sich also Max Schönenberg durch, wobei ihm sein Sohn letztlich vielleicht auch deshalb folgte, um so die Erinnerung an seine zwischenzeitlich ermordeten Eltern aufrecht zu erhalten. Bei Leopold ließ sich ohnehin immer deutlicher der von Chanoch Reinhold für das dritte Jahr des Palästina-Aufenthalts bei Jugendlichen allgemein beobachtete Trend zur stärkeren Öffnung und Hinwendung zum Iwrith beobachten. Das galt ganz besonders für die Änderung seines Vornamens. „Du willst Dir also jetzt einen hebräischen Namen zulegen“, schrieb Mutter Erna im August 1939 auf eine entsprechende Mitteilung ihres Sohnes, der nunmehr offenbar dazu übergegangen war, seinerseits getroffene Entscheidungen seinen Eltern nur noch mitzuteilen, statt sie wie im Vorfeld mit ihnen zunächst zu diskutieren. In Köln hatte man sich mit dem erwachsen werdenden „Kind“ zwischenzeitlich wohl abgefunden und versuchte nur noch in zurückhaltender Art und Weise Ratschläge einfließen zu lassen. „Vater und ich halten es dann für gegeben, wenn Du Deinen alten jüdischen Namen eintragen lässt“, versuchte Erna Schönenberg mit gebotener Vorsicht elterlichen Vorstellungen Raum zu verschaffen. „Meir war der Name meines Vaters; mit diesem Namen bist Du in der Synagoge aufgerufen worden. Er hat also eine gewisse Tradition für sich. Ist Dir bekannt, dass Meir ‚der Strahlende‘ heißt?“ An alten familiären Gewohnheiten gedachte man auch in anderer Hinsicht festzuhalten: „Ich für mein Teil darf aber doch weiter ‚Pold‘ und ‚Peterchen‘ schreiben? Das sind für mich Deine richtigen Namen.“245 Vater Max hielt sich in dieser Frage 244 Vgl. Leopold Schönenberg an Vater Max, 12.8.1941. 245 Erna Schönenberg an Sohn Leopold, 13.8.1939. So hielt es auch Großmutter Emma Kaufmann, die ihren Enkel weiterhin mit „mein liebes Pollerchen“ titulierte te er im Januar 1939 ein erneutes Schreiben an den Waad.242 Bisher, so beklagte er darin, sei der Ausschuss auf seine Fragen „nicht sachlich eingegangen“, weshalb er sein Anliegen in durchaus forderndem Ton erneut vorbrachte. „Es handelt sich um die Schreibung des oe in Fremdworten. Als Musterbeispiel fuehrte ich „Goethe“ an, der bei der ueblichen Schreibweise Gethe gelesen wuerde.“ Nachdem er danach noch zahlreiche Beispiele und Vorschläge aufgeführt und am Beispiel des arabischen Namens „Ibn Sa’ud“ verdeutlicht hatte, dass man im Deutschen der richtigen Lesbarkeit von Worten durch Einführung entsprechender Zeichen Rechnung tragen würde, ließ er in deutlichem, nicht eben freundlichen Ton seine Forderung folgen: „Wenn also die deutsche Rechtschreibung bei Fremdworten nicht eigensinnig an der fuer deutsche Worte ueblichen Schreibweise klebt, sondern sich dem Klanglaut der Fremdsprache anpasst, so kann sich wohl auch die hebraeische Schreibtechnik nichts vergeben, wenn sie aehnliche Consequenzen zieht.“243 Da das Thema danach in den Briefen nicht mehr erwähnt wurde, lässt sich über eine Antwort aus Jerusalem - wenn eine solche überhaupt noch in Köln eintraf - nur spekulieren. Auch ob das Problem zwischen Vater und Sohn jemals schiedlich-friedlich aus der Welt geschafft wurde, muss daher offenbleiben. Immerhin ist aber belegt, dass Leopold - wie von seinem Vater richtig vorhergesagt - sowohl in seiner auf den 4. Dezember 1939 datierten Einbürgerungsurkunde als „Leopold Herbert Schönenberg“ geführt wurde als auch selbst in einem Rot-Kreuz-Brief an seine Eltern im August 1941 als Nachnamen „Schönenberg“ benutzte. Das gilt ebenso für den Ausweis, den er bei seiner Bestallung als „Hilfspolizist“ im Februar 1943 - doppelt überraschend! - mit „Leopold Schönenberg“ unterzeichnete, während sein auf Juni 1946 datierter Personalausweis auf 242 Max Schönenberg an Sohn Leopold, 18.9.1938 und 14.1.1939. 243 Max Schönenberg an Waad Halaschon (Jerusalem), 14.1.1939.
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