M i t d e r K a m e r a v o n K ö l n n a c h P a l ä s t i n a B i l d t e i l V, S E I T E 1 7 2 erneut nachfragte. „Vor etwa 5 Wochen hatte ich Dich eindringlich gefragt, wie Du mit Deinem Photo-Apparat zufrieden seist. Ich empfinde auch hierbei, was ich schon mal erwähnte, daß Du unsere Briefe nicht immer genau liest oder wenigstens nicht genau beantwortest. Die Fragen hatten schon ihren Sinn. Ich ging mit dem Gedanken um, Dir einen besseren Photoapparat zum Geburtstag zu schenken. Jetzt wird es zu spät dazu.“250 - Danach fand das Thema der technischen Ausstattung in der Korrespondenz keine Erwähnung mehr. Besonders nachdem Erna und Max Schönenberg sich im Rahmen ihres Palästina-Aufenthalts ein eigenes Bild über die Dinge vor Ort gemacht und dort auch neue Bekannte ihres Sohns kennengelernt hatten, nahmen die Wünsche nach bestimmten Motiven deutlich konkretere Formen an. „Ich habe jetzt noch eine Bitte, und zwar möchte ich gern ein Gruppenbild von Dir, Otto und Arno“, schrieb Max Schönenberg kurz nach der Rückkehr nach Köln im Juli 1938 und einen knappen Monat später: „Als wir bei Dir waren, sprachen wir (…) von photogr. Aufnahmen des Eingangs von Jagur und der Kindergruppen. Hast Du schon solche Filme entwickelt?“ Dieser Bitte kam Leopold umgehend nach und versorgte seine Familie mit den entsprechenden Abbildungen, die dort auf ein sehr positives Echo stießen. „Soeben verließ uns Frau Hess“, teilte Emma Kaufmann ihrem Enkel Anfang Oktober 1938 mit. „Wir sahen nochmals Deine Bilder durch, die inzwischen entwickelt sind, und freuten uns, der vielen schönen Aufnahmen, der Eingang nach Jagur sieht ganz malerisch aus, die Berge dahinter muteten mich wie das Siebengebirge an. Du selbst - mit Otto und Arno - siehst gut aus, ich möchte sagen, unverändert, so wie ich Dich hier gekannt.251 Insofern wurde der fotografische Blick des Sohns bzw. Enkels im 250 Max Schönenberg an Sohn Leopold, 20.2.1938. 251 Max Schönenberg an Sohn Leopold, 24.7. und 20.8.1938 sowie Emma Kaufmann an Enkel Leopold, 9.10.1938 (wohl mit Bezug auf Foto Nr. 481). Leopold Schönenbergs Aufenthalt in der Ludwig Tietz-Lehrwerkstatt war durch die beiden Bereiche Arbeit und Ausbildung auf der einen, das Leben im Kibbuz auf der anderen Seite klar strukturiert. Hinzu kam als eigenständiger Bereich noch die Ausflüge in die nähere und weitere Umgebung, weshalb auch die überlieferten Fotografien entsprechende inhaltliche Schwerpunkte aufweisen, denen daher auch hier gefolgt wird. Bei einigen der Aufnahmen macht sich nun durchaus ein aufkeimender Gestaltungswille bemerkbar, bei anderen allerdings auch der Versuch, spezifischen Motivwünschen der Eltern in Köln gerecht zu werden. Inwieweit Leopold Schönenberg aber tatsächlich fotografische Ambitionen hegte, bleibt wohl auch für sein fotografisches Schaffen in Palästina dauerhaft unklar. „Die Bilder sind ganz nett“, hatte Max Schönenberg seinem Sohn Mitte Juni 1937 nicht eben überschäumend mitgeteilt und zugleich die Begründung für seine doch eher gedämpfte Begeisterung mitgeliefert: „Dein Apparat eignet sich nicht für größere oder entferntere Objekte.“ Brauchbar waren in seinen Augen lediglich die im Index mit den Nummern 265, 266, 267, 268, 274, 275, 276 und 280 versehenen Negative, während die eher auf die Ablichtung der umgebenden Landschaft abzielenden Fotografien aufgrund mangelnder Tiefenschärfe, die nicht zuletzt auf eine eher einfache Optik des Apparates zurückzuführen gewesen sein dürfte, sehr zu wünschen übrig ließen.248 Derartige - berechtigte und sicherlich gutgemeinte - Kritik rief bei Leopold aber offenbar keinerlei Reaktionen hervor und auch der Zufluss an Bildern nach Köln ließ offensichtlich sehr zu wünschen übrig, so dass sein Vater Anfang 1938 die Frage aufwarf, ob ihm „das Photographieren keinen rechten Spaß“ mehr mache. „Liegt‘s am Apparat? Ist das Bildformat doch zu klein?“249 Aber auch auf derart konkrete Fragen reagierte sein Sohn nicht, weshalb ein etwas irritierter Max Schönenberg 248 Max Schönenberg an Sohn Leopold, 12.6.1937. 249 Max Schönenberg an Sohn Leopold, 9.1.1938. B i ldte i l V
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