M i t d e r K a m e r a v o n K ö l n n a c h P a l ä s t i n a L e b e n i n Pa l ä s t i na und i m K i bbu z , S E I T E 2 6 4 lästinensischen Arbeiters - im Kibbuz“. Auf dem Weg des Übergangs in diese neue, von harter körperliche Arbeit begleitete Lebensform waren allerdings häufig die besonderen Probleme westjüdischer Jugendlicher mit ihrem weitgehend assimilierten familiären Hintergrund zu überwinden.305 Der oftmals steinige Weg jedes Einzelnen verlief nach neueren Erkenntnissen wissenschaftlicher Forschung augenscheinlich in definierbaren Etappen: „Nach vier bis sechs Monaten der Begeisterung für Land und Leute folgten Ernüchterung und eine Phase tiefer Enttäuschung, begleitet von einer erneuten Zuwendung zur deutschen Kultur. Danach setzten Monate erneuter Auseinandersetzung, des Ringens um neue Wurzeln und ein Wir-Gefühl ein, das schließlich zu einer Anpassung an das Leben führte und neue Zuneigung an das Land hervorbrachte.“306 Auch wenn sich für Leopold Schönenberg - allein schon aufgrund seines deutlich abweichenden Ausbildungsweges in der Ludwig Tietz-Lehrwerkstatt - dieses Schema nicht eins zu eins nachzeichnen lässt, fallen durchaus einige Parallelen und Berührungspunkte ins Auge. Allerdings müssen die meisten hiermit zusammenhängenden oder erst aufgeworfenen Fragen aufgrund der für diese Lebensphase desolaten Quellenlage wohl dauerhaft unbeantwortet bleiben. Ein weiteres spezielles Thema gilt es noch kurz anzusprechen. Bereits im Mai 1936 hatten die Briten die Bildung bewaffneter Einheiten in Form einer jüdischen Hilfspolizei („Notrim“ - Wächter) genehmigt, der Tausende Männer beitraten und die sogar über eigene gepanzerte Fahrzeuge verfügte. Diese Kräfte dienten als mobile Einsatzgruppen unter anderem zum Schutz jüdischer Siedlungen und Einrichtungen. Formal zwar der Verwaltung des Mandatgebiets unterstellt, wurden diese Polizeikräfte faktisch von der Jewish Agency befehligt und sukzessive 305 Mit Bezug auf Wolfgang (Seev) Orbach zitiert nach Pilarczyk, Gemeinschaft, S. 115f. 306 Pilarczyk, Gemeinschaft, S. 202 mit Bezug auf Urban, Jugend-Alija, S. 55. nen Strukturen patriarchalischer Kleinfamilien nachhaltig aufzulösen.304 Für Einwanderer nach Palästina, die häufig über wenig Besitz und geringe finanzielle Mitteln verfügten, bot ein solches Modell in den 1930er- und 1940er-Jahren zahlreiche Vorteile. Gerade in der Anfangszeit, als viele von kaum Kleidung besaßen, während andere Immigranten mit vollen Koffern in Palästina eintrafen, entstanden in Kibbuzim „Kleiderkammern“ zur gemeinsamen Nutzung, aus denen sich zunächst eine Kleiderverwaltung und schließlich Gemeinschaftskassen für die Anschaffungen persönlichen Bedarfs entwickelten. Die Fokussierung auf Gemeineigentum prägte zudem die äußere Erscheinungsform der Siedlungen und schließlich auch das Bild ganzer Regionen. Die Wohnhäuser der Kibbuz-Bewohner, der Speisesaal, die Kinderhäuser, später die Bücherei mit Lesesaal und das Kulturhaus lagen entsprechend dem Siedlungsplan der Gründerzeit gut erschlossen und begrünt im Zentrum. Bis heute wirken die daraus entstandenen parkartigen Grünanlagen mit vielen schattenspendenden Bäumen häufig wie kleine Oasen in unwirtlichen Landschaften. Neben der materiellen Absicherung, die das Leben in einem Kibbuz - wenn auch auf niedrigem Niveau bei zumeist sehr einfachem Lebensstandard - bot, fühlten sich insbesondere zahlreiche Heranwachsende von dem damit verknüpften ideologischen Ansatz angesprochen. Gerade in der Chance der Verwirklichung sozialistisch inspirierter Ideen in Palästina vereinten sich „die tiefsten Wünsche des Jugendlichen mit den elementaren Forderungen des Zionismus“. Insbesondere jugendbewegte Ideale wie Kameradschaftlichkeit, gegenseitige Hilfe und Gemeinschaftlichkeit in der Lebensführung fanden in Kombination mit einer „sinnvollen Unterwerfung unter ein großes Ganzes“ ihren „tiefsten Ausdruck“ in „der Lebensgemeinschaft des Chaluz, in dem Gemeinschaftsleben des pa304 Vgl. auch zum Folgenden als Kurzeinführung in die Grundstrukturen Yizhaki, Kibbuz, S. 6ff.
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