M i t d e r K a m e r a v o n K ö l n n a c h P a l ä s t i n a B i l d t e i l I I , S E I T E 8 3 B i ldte i l I I Es habe den Anschein, so fasst Ulrike Pilarzyk ihre Studien zur „fotografischen Praxis in jugendbewegtem Alltag“ zusammen, als sei es den jugendlichen Fotografinnen und Fotografen „vor allem darum gegangen, im fotografischen Dokument das Gemeinsame zu fixieren“. Das habe sich in Aufnahmen von Gruppen, Bestandteilen der Kluft, bündischen Symbolen und des gemeinsamen Tuns niedergeschlagen. In ihnen sei etwa durch gleichförmige Bewegungen in die gleiche Richtung, gemeinsame Aufenthalte auf derselben Wiese oder dem Sitzen im gleichen Boot Vereinendes zum Ausdruck gekommen. Tatsächlich sind gerade solche Motive massenhaft überliefert, wobei insbesondere Abbildungen von „Haufen“ auf dem Boden Lagernder immer wieder ins Auge fallen. Die Abgebildeten befinden sich dabei in aller Regel in großer Nähe zueinander, wobei deren Anordnung wirkt, als seien sie alle „gleichsam um ein imaginäres magnetisch wirkendes Zentrum herum geballt“.57 Dafür, derartiges auf Film zu bannen, war Leopold Schönenberg weder als Jugendbewegter noch als Fotograf 1933/34 bereits weit genug. Nicht, dass ihm derartige „Haufenbildungen“ gänzlich unbekannt gewesen wären. Er erlebte sie auf ersten „jugendbewegten“ Fahrten, von denen er - leider ohne nähere Beschriftung - entsprechende Aufnahmen fremder Provenienz in sein Fotoalbum einklebte. In Ihnen finden sich immer wieder einige der von Ulrike Pilarzyk betonten Kennzeichen der Inszenierung des 57 Pilarczyk, Gemeinschaft, S. 68. jugendbewegten Alltags. Aber obwohl sich nachweisen lässt, dass auch Leopold seinen Fotoapparat auf solche „Fahrten“ mitnahm58, lässt sich nicht ein eigenes Foto nachweisen, auf dem er während dieser Ausflüge Mitglieder „seiner“ Gruppe abgebildet hätte. Sein Interesse beschränkt sich - offenbar eher gutbürgerlich-touristisch als jugendbewegt interessiert - auf Aufnahmen von Gebäude, anonyme Stadtszenen oder Landschaften, die fast so wirken, als habe er sich von den Mitfahrenden bewusst abgewendet und seinen ganz eigenen Blick eingenommen. - Das bleibt naturgemäß ebenso reine Spekulation, wie eine Diskussion über etwaige Gründe für ein solches Verhalten rein hypothetisch bleiben müssten. Es lässt sich jedoch bei aller angebrachten Vorsicht annehmen, dass Leopolds Zugehörigkeit zur jüdischen Jugendbewegung (BDJJ) noch zu „frisch“ war, als dass ihm die Zeit geblieben wäre, in dieser Hinsicht bereits einen eigenen bildnerischen Gestaltungswillen zu entwickeln. Erschwerend kam in dieser Hinsicht herzu, dass die ersten „bündisch“ angehauchten Ausflüge offenbar stets von Erwachsenen oder zumindest deutlich Älteren begleitet wurden, deren Anwesenheit sicherlich auch Einfluss auf den Bildaufbau gehabt und das Entstehen eines „imaginären magnetisch wirkenden Zentrums“ erschwert haben dürften. 58 Zwischen den dominierenden Aufnahmen aus anderer Hand finden sich einzelne, die in seinem „Index“ verzeichnet sind und deren Negative sich auch in seinem Fotonachlass finden - so etwa die Nr. 103/104 aus dem Schwetzinger Schlosspark (Juli 1934) oder die Nr. 122/123 von Paulskirche und Römer in Frankfurt (August 1934).
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