Mit der Kamera von Köln nach Palästina

M i t d e r K a m e r a v o n K ö l n n a c h P a l ä s t i n a Pa l ä s t i na , S E I T E 9 7 die USA auszuwandern. 1921 etwa hatten 119.036 von ihnen die Vereinigten Staaten zum Ziel, während sich lediglich 8.294 in Palästina niederließen. Das änderte sich erst ab 1924, als die US-Regierung Einwanderungsquoten festlegte. Aber auch Ende der 1920er-Jahre zog es noch immer dreimal so viele jüdische Emigranten in die USA als nach Palästina. Erst mit der NS-Machtübernahme trat ein fundamentaler Wandel ein. Allein während der von 1932 bis 1938 währenden so genannten „fünften Alija“ emigrierten insgesamt 198.000 Juden aus Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei nach Palästina.75 Entsprechend wuchs allein im Jahrfünft zwischen 1931 und 1936 die jüdische Bevölkerung dort von 175.000 auf 370.000 Personen um mehr als das Doppelte an, womit ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung Palästinas von 17 auf 27 Prozent anstieg. Waren zwischen 1926 und 1932 jährlich durchschnittlich 7.200 Jüdinnen und Juden legal eingewandert, stieg diese Zahl von rund 30.000 im Jahr 1933 über 42.000 (1934) auf etwa 62.000 im Jahr 1935, um 1936 dann wieder auf 30.000 zurückzugehen. Zu diesen rund 170.000 Emigranten in nur vier Jahren war noch die unbekannte Zahl jener hinzuzurechnen, die auf illegalen Wegen ins Land kamen.76 Bis zu diesem Zeitpunkt waren etwa 34.700 der Einwanderer nach Palästina deutsch-jüdischer Herkunft, das in dieser Hinsicht somit bis 1936 an der Spitze aller Aufnahmeländer stand.77 Die Einwanderungsbestimmungen hatten sich seit der Anfangszeit des britischen Mandats über Palästina praktisch nicht verändert. Die Verwaltung setzte jährlich eine bestimmte Quote von Einwanderungsgenehmigungen fest, die dann von der Jewish Agency mehr oder weniger nach Gutdünken verteilt werden konnte. Manche Einwanderer schafften es auch ohne Genehmigung, nach Palästina einzureisen; die meisten von ih75 Vgl. Steiniger, Nahostkonflikt, S. 19 und ausführlicher das folgende Kapitel. 76 Vgl. Krämer, Palästina, S. 280 77 Vgl. Loewy, Jugend, S. 9ff. tischen Sieg darstellte und die Weltpolitik und insbesondere die Geschichte des Nahen Ostens seither maßgeblich beeinflusst hat.“72 Wo Sieger in Erscheinung treten, gibt es in aller Regel auch die Gruppe jener, die verlieren - so auch hier: Die großen Verlierer der Balfour-Deklaration waren die Araber. Nachdem die britische Regierung ihnen während des Krieges noch ein eigenes Großreich versprochen hatte, wollte nun in London niemand mehr etwas davon wissen. So markierte die Erklärung vom 2. November 1917 zugleich auch den Beginn einer neuen Phase heftiger arabisch-jüdischer Auseinandersetzungen.73 Palästina nahm unter den Zielländern der jüdischen Emigration naturgemäß einen besonderen Platz ein. Nachdem die meisten Jüdinnen und Juden nach der Zerstörung ihrer Tempel in Jerusalem die Gegend bereits im 1. Jahrhundert nach Christus verlassen hatten und ins Exil gegangen waren, spielte die Rückkehr nach dort - nach „Erez Israel“ - stets eine wichtige Rolle in der jüdischen Religion und Kultur. Der Segenswunsch zum Pessachfest etwa lautete seitdem: „Dieses Jahr hier, nächstes Jahr im Land Israel.“ Die in solchen Traditionen zum Ausdruck kommende Sehnsucht erlebte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Renaissance. Zionistisch orientierte Publizisten - mit Theodor Herzl an der Spitze - begannen damit, den Aufbau eines jüdischen Staates in Palästina zu fordern, da sie für Jüdinnen und Juden in Europa keine reale Möglichkeit sahen, jemals als vollwertige Bürger anerkannt zu werden. Daher entwickelte sich bereits lange vor 1933 eine Auswanderungsbewegung aus Europa nach Palästina.74 Allerdings hatte die Balfour-Deklaration nicht zur Folge, dass unmittelbar darauf wahre Ströme jüdischer Einwanderer nach Palästina aufgebrochen wären. In den 1920er-Jahren zogen es stattdessen immer mehr Jüdinnen und Juden vor, in 72 So Steiniger, Nahostkonflikt, S. 10 73 Vgl. Steiniger, Nahostkonflikt, S. 11 74 Vgl. https://kuenste-im-exil.de/KIE/Content/DE/ Themen/palaestina.html (23.5.2022)

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