Mit der Kamera von Köln nach Palästina

M i t d e r K a m e r a v o n K ö l n n a c h P a l ä s t i n a Pa l ä s t i na , S E I T E 9 8 stand ausbrach, der sich explizit gegen die jüdische Einwanderung richtete, reagierte Großbritannien als Mandatsmacht mit erheblichen Einschränkungen und drosselte die bisherigen Quoten ausgerechnet zu einem Zeitpunkt drastisch, an demaufgrund der „Nürnberger Gesetze“ und der eskalierenden Diskriminierung der Auswanderungsdruck auf die jüdische Bevölkerung im Reichsgebiet massiv zunahm. Legal einreisen durfte nun jedoch nur noch, wer über eines der streng limitierten Einwanderungszertifikate verfügte. Als Konsequenz nahm bei Emigranten die Beliebtheit anderer Ziele - insbesondere die USA - deutlich zu, während andere jüdische Auswanderer vermehrt versuchten, illegal ins Land zu gelangen. So wurden aus legalen Migranten zusehends illegale Flüchtlinge, die sich gezwungen sahen, auf verbotene und oftmals sehr gefährliche Art und Weise palästinensischen Boden zu betreten. Hierzu nutzten sie mit Unterstützung von zionistischer Seite vorrangig - oftmals wenig vertrauenserweckende - Schiffe, die von bulgarischen oder rumänischen Häfen aus nach Palästina aufbrachen. Hierauf reagierten wiederum die Briten umgehend, indem sie ihre Maßnahmen zur Unterbindung illegaler Einwanderung mittels Internierungen und Deportationen nochmals deutlich verschärften.81 1939 kamen bereits annähernd 40 Prozent der jüdischen Einwanderer - 11.156 von insgesamt 27.561 registrierten -illegal nach Palästina.82 Zugleich verbreitete sich ab 1937/38 unter den Briten zunehmend die Auffassung, dass es ein Fehler gewesen sei, so vielen jüdischen Flüchtlingen 81 Vgl. Wasserstein, Ausländer, S. 83 und Heimat und Exil, S. 99. Vgl. hierzu auch die dramatische Lebensgeschichte von Hannah Levy unter https://juedisches-leben.editionen-zur-geschichte.de/info.aspx?id=37900. 82 Vgl. Krämer, Palästina, S. 351 und Erdinger, Geschichte 44f. Bis Kriegsende waren annähernd 20.000 Menschen auf diese Weise ins Land geschmuggelt worden. Die potenzielle Möglichkeit einer illegalen Einwanderung nahmen auch die Schönenbergs in Köln wahr, ohne eine solche Option für sich allerdings in Betracht zu ziehen. „Sehr interessant waren uns Deine Schilderungen über die inoffizielle Einwanderung. Die Geschichte von den ins Wasser gesprungenen illegalen Einwanderern war auch bis hier gedrungen. Ein Dramatiker kann davon einmal ein packendes Schauspiel schreiben.“ (Erna Schönenberg an Sohn Leopold, 5.5.1939). nen kamen als Touristen. Die große Mehrheit der illegalen Einwanderer durfte anschließend bleiben; lediglich wenige Dutzend wurden wieder abgeschoben.78 Ab 1933 wurde die Einwanderung in das Mandatsgebiet dann durch ein System von Einwandererkategorien geregelt, deren Quoten die Briten zweimal jährlich neu festlegte. Eine Ausnahme stellte dabei die Einreise der sogenannten „Kapitalisten“ dar, das hieß von Personen, die im Besitz eines Vorzeigegeldes von jeweils mindestens 1.000 Palästina-Pfund (LP) waren und deshalb von der Quotenregelung befreit wurden. Mehr als ein Drittel der aus Deutschland kommenden Jüdinnen und Juden reisten, solange sie trotz der NS-Ausplünderungspolitik noch über solche Beträge verfügen konnten, als Angehörige dieser „Kategorie A“ mit eigenem Vermögen ein. Zur „Kategorie B“ wurden jene Personen gezählt, die einen gesicherten Lebensunterhalt im Land nachweisen konnten, in „C“ jene eingruppiert, die als „Arbeiter“ klassifiziert werden konnten. In diese Kategorie fielen all jene Einwanderer, die entweder von Verwandten oder durch Unternehmen „angefordert“ wurden. Der später noch eigens zu behandelnden „Jugend-Alija“ wurde ein gesondertes Kontingent für Kinder und Jugendliche zugewiesen, die entweder zuvor in Deutschland in landwirtschaftlichen „Hachschara“-Ausbildungszentren auf das Leben in Palästina vorbereitet worden waren oder deren Lebensunterhalt in Palästina bis zum Abschluss ihrer Berufsausbildung gesichert war.79 Die Eingruppierung der Einwanderer und die Verteilung der Zertifikate übertrug die britische Mandatsregierung der „Jewish Agency for Palestine“, die im Mandatsvertrag als offizielle jüdische Interessenvertretung anerkannt worden war.80 Als dann 1936 ein landesweiter arabischer Auf78 Vgl. Segev, Palästina, S. 410 79 Vgl. jüdische Emigration, S. 143 und Heimat und Exil, S. 99 80 Vgl. Loewy, Jugend, S. 9ff.

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